Detlef Fellrath
Segeltuch-Bilder 1998-2005 Text von Babette Caesar, Wangen
Farbe ist nur da, wo sie ist!
Ein „Grün“, das nichts assoziiert, keine noch so entfernt liegende Illusion an Landschaftliches aufkommen lässt, damit also wertfrei zu nennen wäre und sich flach ohne Tiefenraum zu den vielfältigen Perspektiven in den Bildern von Detlef Fellrath gesellt; ein „Caput Mortuum“, von silbrig-metallischem Glimmer überzogen, das seinem Ursprung nach ein Oxid ist und das es in der von Detlef Fellrath gewählten Farbtonskala nirgends als Fertigmischung zu kaufen gibt; oder ein „Blau“, das dunkler kaum noch vorstellbar ist und als Kontrast ein besonders leuchtendes „Gelb“ trägt. So könnte der erste rein optische Eindruck aussehen beim Anblick des aktuellen Bildes „Atelier Sauvage“ bzw. „Le Mur de l´Atelier“ (2005). Mit den Außenmaßen von 230x320 cm ist es das bislang größte Format und bedeckt, wie der Bildtitel bereits anzeigt, die gesamte Fläche einer Atelierwand in den Tettanger Arbeitsräumen von Detlef Fellrath. „Das ist meine Atelierwand“, und sie äußert sich wie eine überdimensionale Collage, die sich über den Zeitraum des Malprozesses zusammengesetzt hat. Gegenständlich ist sie, glaubt der Betrachter, und versucht sich vereinzelt Identifizierbares heraus zu picken. Nur gestalten sich Detlef Fellraths Bild-im-Bild-Kompositionen weitaus komplexer und ganzheitlicher, das seinen Ausdruck in einem unter- und miteinander verbundenen Geflecht aus Blickachsen findet. Sie bilden imaginierte, geradezu neu erfundene und erstaunlich schwerelose Räume, verdoppeln und spiegeln die Motive in Analogie zu Vexierbildern, so dass sich durch die mehrfach wiederholten symmetrischen Anordnungen von beispielsweise „Computer-Monitoren“ Assoziationen an „antike Säulen“ oder, variierend, an die Architektur einer „Schlossanlage in Obenaufsicht“ einstellen.
Nichts ist korrigierbar
Die hierfür verwendeten Farben, die sich durch ihre dem Aquarell verwandte Transparenz auszeichnen, stellt Detlef Fellrath bis auf wenige Ausnahmen selbst her. Reine Pigmente, angemischt auf Wasserbasis, die im getrockneten Zustand jeder Witterung standhalten und lichtecht sind. Als Bildträger verwendet Detlef Fellrath „Segeltuch“. Dieses schwere, entlang den Rändern zerrissene Material saugt die Farbe sofort auf und gestattet keinerlei Korrekturen – weder während noch nach dem Auftragen. Sie sinkt in den liegenden Stoff ein, verläuft und steht in einem von Detlef Fellrath bewusst gewählten Kontrast zu den pastos deckend aufgetragenen Partien: „Ein bestimmter Malduktus, der über das ganze Bild durchgehalten wird, erscheint heute nicht mehr zeitgemäß. Vielmehr bedient man sich besser der Vielfalt, welche die verschiedenen Epochen und Stile freigestellt haben. Der Schwung eines Bambusblattes braucht eine andere Farbkonsistenz und einen anderen Farbauftrag wie die Glasfläche eines Monitors.“ Das großformatige Hochformat „marcher au château“ (2004, auf Segeltuch und als Digitalprint auf Kunststoffplane) als Beispiel für dieses Neben- oder Miteinander zeigt den aktuell erreichten Grad dieser Verdichtung an und darüber hinaus steht es repräsentativ für das Zusammenspiel von „Malerei, Architektur und Skulptur“. Die drei Dimensionen begegnen sich in einem virtuellen Raumgefüge, wo sie sich überschneiden und vielfach spiegeln, ohne dass ein erkennbares Zentrum dieser Szenerie einen Halt geben würde. Fasziniert von der auf den Bildträger gebrachten Leichtigkeit von in natura recht massiven Materialien erfindet „De fellrath“, wie er in gekürzter Form signiert, beinahe durchsichtige Bildwelten, die bekannte Gegenständlichkeiten mit perspektivisch neuartigen Sichtweisen verknüpfen. Alles auf diesen rahmenlosen Segeltüchern, die sich für einen Transport auf einfache Weise zusammenrollen lassen und ihnen damit etwas Nomadisches zu eigen ist, scheint zu fließen, zu rotieren um ein Nichts. Hingegen den Ursprüngen ihrer Entstehung immer ein „Erlebnis“ zu Grunde liegt. Seien es Landschaften, während Wanderungen in der Natur ausschnitthaft auf Skizzenblockpapier in Aquarell notiert, oder De fellraths „Blauer Wellenkreis“, der im Original aus Eisen gefertigt im Durchmesser zehn Meter misst und im Sommer 2000 im Rahmen des Internationalen Bodensee-Festivals im Innenhof des Tettnanger Montfort-Schlosses installiert war – schwebend in einer Höhe von vier Metern: „Das grenzte an ein Wunder!“. Der Schlossinnenhof wurde während der Vorbereitungsarbeiten zum „Atelier“, das er immer wieder durchschritten und vermessen hat. Die Schuhe aus dieser Zeit existieren noch, sind in pastoser Manier auf das vielfältig schattierende folienhaft wirkende Blau gesetzt und potenzieren die sich mehrschichtig überlagernde Wirkung der Dimensionen aus gegliederter Fassade, einem davor liegenden Blau, das auch Wasser sein könnte, und ein sich wiederholender Sinus, an dem nichts Gerades ist.
Das Erstaunen ist die eine Seite der Kunst. Es erregt die andere Seite, das Erkennen.
Die Abstände zwischen den Dingen auf De fellraths Bildern sind genau ausgelotet. Sie treten in bislang unbekannte Beziehungen zueinander, die analog dazu eine neue optische wie geistige Lesbarkeit erfahren. Beispiel: Was haben die arbeitenden Hände von Vermeers „Spitzenklöpplerin“ in „manu factum“ (2000, auf Segeltuch) mit einer Fahrradklingel zu tun, oder eine Hightech Bahn in Schwaben mit einem französischen Bett in Eu, nahe bei Paris ? Auffallend sind dabei deren „Wiederholungen“ innerhalb einer Bildfläche. Diese mit jedem Mal neu gemalte scheinbar echte Gleichartigkeit täuscht, ist in ihr doch eher ein Phänomen zu sehen, denn jede der seriell gesetzten „Bergfiguren-Sonnen“ (2001) oder der „Tagetes“ mit „Seeüberschwemmung“ (1999) ist, selbst in einem Zug auf den Bildträger gebracht, individuell ausgeführt. Der Malprozess ist jeweils ein anderer. Hierin verborgen liegt vielleicht das „Erstaunen“ über die eine Seite der Kunst von Detlef Fellrath. Die des „Erkennens“ ist eine komplexere und verschlüsselte, aber wiederum auch leicht zugängliche vor dem Hintergrund seiner kurzen und prägnanten Aussage: „Kunstgeschichte und Trivialität treffen aufeinander. Es liegt ein Reiz in den sehr weit auseinander liegenden Dingen, die dennoch eine Beziehung haben, die es zu entdecken gilt. Zudem konterkariert Trivialität das Erhabene.“ Denn „Wer weiß des scho?“ (2002), welches Erlebnis den gelbgrünen Fleckenteppich am Himmel und die vier blauen Tannen am Boden verbinden? Nur eines als Hinweis noch: „Farbflecken“ haben es Detlef Fellrath angetan. Sie tauchen ganz unvermittelt auf wie am Rande der Skizzenblattperforierung in „all in one“ (2000), doch was sie da verloren haben – wer weiß das schon...
Biografie:
Geboren 1949 in Lingen/Emsland
Studium Staatl. Kunstakademie Düsseldorf, Universität Zürich
Abschlüsse: Meisterschüler der Akademie 1974, bis 1980 Examen in Kunst,
1. und 2. Staatsexamen im künstlerischen Lehramt.
Kunstpreise: P a r i s , Cité Internationale des Arts R o m , DAAD
interdisziplinäre Arbeit in den Bereichen Bildende Kunst,
Kunstpädagogik, Kunstvermittlung (`80 er - Anf.`90 er Jahre):
freiberuflich und in verschiedenen staatlichen Institutionen, Gym, Vhs, Hwk;
z.B. Ausstellungskonzepte für die Galerie der Handwerkskammer Koblenz
seit 1994 ansässig im Bodenseekreis (Tettnang), Atelier seit 1997,
seit 1995 Kunstpädagoge am MGTT, seit 1998 im Kulturbeirat der Stadt Tettnang.
Ausstellungen:
(80`er): Kunsthaus Hamburg, Kunstpalast Düsseldorf, Kunstverein Lingen, Kulturamt Stadt Haan/Rhld , Kulturamt Kreis Mettmann, Künstlerhaus Hilden, Deutsches Klingenmuseum Solingen
(90`er): Von der Heydt Museum Wuppertal/Kunsthalle Barmen, Küstenmuseum Wilhelmshafen, Malkasten Düsseldorf,
BBK Ausstellungsforum Düsseldorf, Städtische Galerie im Torschloss Tettnang/Bodensee
(seit 2000): Städt. Galerie und Neues Schloss Tettnang 2000 (E),
Galerie im Kavalierhaus Langenargen / Bodensee 2003 (E),
Kornhaus Galerie der Stadt Weingarten 2003 (E), Kunstverein Friedrichshafen (G),
Neuerwerbungen der Städtischen Galerie Weingarten 2004 (G),
Salzburger Kunstverein 2005 (G), Galerie der Kreissparkasse Ravensburg 2006 (E),
Städtische Galerie „Fauler Pelz“ Überlingen 2006 (G),
„Vier im Kreis“ der Künstlerbund in Rottweil, Oberndorf, Sulz und Glatt 2006 (G),
„Zwischendurch: diverse Tätigkeiten“ Salzburger Kunstverein 2006/07(G),
„Kunstbewegt“ der Künstlerbund in Neckarsulm 2007 (G), Kunst Schau Plätze,
internationales Bodenseeprojekt 11 Kunstinstitute in D, Aut, CH; Feldkirch 2008 (G)
Jubiläumsausstellung 25 Jahre Kunstverein Friedrichshafen 2008/09 (G)
Jubiläum 10 Jahre „Lebendiges Barockschloss“ Schlosspark Tettnang 2009 (E)
„digitale und transparente Arbeiten“ Regierungspräsidium Tübingen 2009 (E)