Vierstimmig: über see –
Othmar Eder, Ute Klein, Annina Thomann, Hans Thomann
Ausstellung vom 05. Mai - 09. Juni 2024

Othmar Eder


Ute Klein


Annina Thomann


Hans Thomann

Vierstimmig: über see

Grenzen beschäftigen uns heute mehr als uns lieb ist. Da werden Außengrenzen gesichert, Grenzübergänge geschlossen, Zäune und Mauern errichtet. Man schottet sich ab im Nationalen. Und Menschen riskieren und verlieren zu Tausenden ihr Leben dabei, Grenzen zu überwinden.
Der Blick über die Grenzen hinweg ist für die Anrainerstaaten am Bodensee prägend, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in vielen Lebensbereichen allgegenwärtig. Maßgebliches Bindeglied zur Vernetzung dieser historisch gewachsenen Kulturregion war schon immer die Kunst. Die mittlerweile 10. "Vierstimmig"-Ausstellung der Lände wirft 2024 einen Blick über den See auf unsere Schweizer Nachbarn aus den Kantonen Thurgau und St. Gallen. Wir wissen immer noch zu wenig voneinander - nachdem der See nicht mehr zufriert, ist das andere Ufer noch weiter weg gerückt!
So widmet die Lände im 50. Ausstellungsjahr ihre "Vierstimmig"-Ausstellung den Schweizer KünstlerInnen Othmar Eder, Ute Klein, Annina Thomann und Hans Thomann. Wir freuen uns, dass wieder einmal eine Begegnung "über see" stattfindet.

Einen Dialog mit eigenen Erinnerungen kann man die Arbeit Othmar Eders nennen. Beobachtungen abseits spektakulärer Impressionen werden mit der Kamera skizziert, abgelegt und aus der zeitlichen Distanz von Monaten und Jahren subjektiv gedeutet: "Denn der Künstler transkribiert nicht einfach, was er sieht, er kann es nur mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln übersetzen." (E. H. Gombrich).
Im langwierigen Prozess des Zeichnens vermittelt sich die Phasenverschiebung von Auge und Hand durch eine reiche, zwischen kraftvollen und kaum mehr als einem Hauch entsprechenden Strichen angelegte Skala handschriftlicher Äquivalente zum Gesehenen, deren Variationen sich nicht nur zu einem neuen Abbild fügen, sondern die Lust am Handwerk und die im abstrakt anmutenden Detail wie im Gesamtergebnis stets belohnte Mühe auch den unbeteiligten Beobachter beinahe physisch nachvollziehen lassen. (Rudi Ingruber, Kunstwerkstatt Lienz)

Ute Klein arbeitet mit dem Zufall und untersucht damit unser Menschsein als Teil der Natur. Die Malerin leert verdünnte Farbe auf liegende Leinwände und bewegt diese anschliessend, lässt die Farbe fliessen. Die Bilder entstehen in vielen Schichten solcher Kippungen mit zwischenzeitlichen Trocknungen. Bis zum Festwerden der Farbe ordnen sich die Pigmente an, lassen untere Schichten durchscheinen und geben Einblick in den künstlerischen Prozess.
Die finalen Werke zeigen einen farbklingenden Zwischenraum, nicht ganz abstrakt nicht wirklich gegenständlich und doch 'lesbar'. Die Wahrnehmung eröffnet einen Dialog über Wechselwirkungen von Assoziationen zu Farbübergängen wie Formen.
Fliessprozesse hat man nicht punktgenau im Griff und doch sind sie in unserem Körper und rund um uns allgegenwärtig und bieten daher auch aktuelle neue Forschungsansätze von Medizin bis zum Klima. Der Moment des Zufalls im Fliessprozess sorgt bei Ute Klein fu¨r Innovation und Experimente, während die Wiederholung im Prozess stringent ihr Werk zusammenhält, ihren Umgang mit dem Zufall zeigt.

Annina Thomanns skulpturale und installative Arbeiten sind das Resultat eines spielerischen, experimentellen Prozesses. Die Untersuchungen beziehen sich auf die Frage nach dem Umgang mit Materialität. Oft stehen unterschiedliche Materialien und deren spezifische Eigenschaften im Zentrum des Interessens. Die Materialeigenschaften werden ausgelotet, um herauszufinden, wo diese dem Willen zur Form Grenzen setzten. Durch den Dialog mit dem Material wird nach einer neuen Formsprache gesucht. Dabei ist Keramik eines der bevorzugten Materialien der Künstlerin. Das weite skulpturale Bearbeitungsspektrum fasziniert: Die technischen Komponenten der Keramik wecken das Interesse an der Frage nach dem Verhältnis zwischen Handwerk und Kunst.
Annina Thomanns Arbeiten im öffentlichen Raum spüren spezifische, oft naturwissenschaftliche Gegebenheiten eines Ortes, einer Umgebung auf. Dazu werden Geschichten zwischen Fiktion und Fakten entwickelt.

Hans Thomann analysiert und hinterfragt das aktuell vorherrschende Menschenbild. Grundlagen seiner Arbeiten sind Puppen, Dummys, vorgefertigten Figuren, Helden, Heldinnen, Heiligenfiguren, Piktogramme…. Zeitzeugen, die den Zeitgeist spiegeln und das aktuelle gesellschaftliche Idealbild vorgeben.

Die vorgefundenen klassischen Figuren werden zum Teil verformt, zerstört, neu zusammengesetzt oder mit Designerstoffen, Stickereien oder Metallen ummantelt. Dabei werden teils auch modernste Technologien eingesetzt. Thomanns Arbeiten belustigen, verunsichern, faszinieren und begeistern.

Mit dem Wissen, woher das verwendete Bildmaterial stammt, bekommen seine Arbeiten Tiefe und Bedeutung und regen zum Denken an. (Thomas Zeuge)

Ausstellungs-Rundgang